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"Unmöglich und aggressiv": Hund apportiert Meerschweinchen - eine wahre Geschichte : )

(c) Augsburger Allgemeine
Mit dem richtigen Outfit wäre das nicht passiert! : )
Eine dumme wahre Geschichte. Wirklich. Ganz dumm.
In einer Tierarztpraxis schnappt sich ein Kumpel, nennen wir ihn mal E., im Angesicht einer bummsvollen Tierarztpraxis ganz vorsichtig ein Meerschweinchen, das seine Leute in einem offenen Schuhkarton in einer ebenso offenen Plastiktüte auf den Boden der Praxis gestellt hatten, während das Fraule von E. damit beschäftigt war, E.'s Behandlung zu bezahlen und konzentriert im Kleingeld zu kramen.

Als E.'s Fraule ihren Hund schließlich mit dem Meerschweinchen im Maul entdeckt, rutscht ihr natürlich augenblicklich das Herz in die Hose. Geistesgegenwärtig ruft sie ihm "Pfui" zu, und sogleich lässt der gut erzogene, gutmütige Kerl das Meerschweinchen fallen, wofür er dann auch ordentlich gelobt wird. Glücklicherweise ist E. kein Terrier, sondern ein Hund, dessen Beutefangverhalten sich aufs Orten und Hetzen beschränkt, sonst wäre die Geschichte vermutlich etwas anders ausgegangen. Nun, geortet hat er, Hetzen war hier ja nicht nötig, also hat er gleich mal den nächsten Schritt ausprobiert und zaghaft zugepackt - wann bekommt man schon diese Chance im echten Hundeleben?

Das Meerschweinchen sah von außen völlig unbeschadet aus, genauere Untersuchungen ergaben aber schließlich drei gebrochene Rippen. Nun muss man dazu sagen, dass mein Kumpel immerhin 32 Kilo auf die Waage bringt und ein weiches Maul auch erstmal erlernt werden muss...

E.'s Fraule war jedenfalls ganz fertig. Sie hatte ein mordsschlechtes Gewissen und natürlich großes Mitleid mit dem armen Tierchen.
Der Anruf der Tierärztin am Abend - denn E.'s Fraule wollte natürlich unbedingt wissen, wie es dem Schweinchen erging - war wenig erfreulich: Zwar wird es wieder ganz gesund werden, aber die Tierärztin war wohl so angesäuert ob dieser Ungeheuerlichkeit, dass sie das Gespräch nicht beenden wollte, ohne E.'s Fraule ordentlich zusammenzufalten:
E.'s Verhalten sei völlig "umöglich" gewesen, behauptete sie empört, und sie (also E.'s Fraule) hätte ihren Hund nicht im Griff, und er könne ja nicht mal bei Fuß gehen. Sie könne froh sein, diesen Hund zu haben, denn er wäre der einzige auf der ganzen weiten Welt, mit dem sie überhaupt klar kommen könne, mit jedem anderen wäre sie mit absoluter Sicherheit komplett überfordert. Und der absolute Gipfel sei gewesen, dass sie ihn auch noch gelobt hätte statt ihn für sein Verhalten zu maßregeln - so nur einige der Vorwürfe, die E.'s Fraule zu hören bekam. Abschließend empfahl ihr die Tierärztin im gleichen Atemzug und ins vertrauliche Du übergehend dringend ihre eigene Hundeschule zu besuchen mit dem wichtigen Hinweis, dass sie die einzige Trainerin im Umkreis sei, der es gelingen würde, aggressive Hunde zu "resozialisieren". Ein Wort übrigens, das seit Cesar Millan eine ganz neue Dimension an Bedeutung erlangt hat.

Mein Kumpel, muss man wissen, ist ein sehr sehr gutmütiger Kerl. Er war mal ein spanischer Straßenhund, der dann in einem Tierheim in Süddeutschland saß und vor fünf Jahren mit seinen Menschen hier endlich das große Los gezogen hat.
Die erziehen ihn nämlich völlig gewaltfrei mit der Liebe, Geduld und dem Sachverstand, der ihn zu dem sozialisierten und in die Gesellschaft integrierten Kumpel gemacht hat, der er heute ist. Er ist ein total gechillter Hund, den ich nur völlig unaufgeregt durch die Gegend schlappen sehe. Er kommt mit den allermeisten Hunden klar (ich meine, einen Erzfeind haben wir ja alle, oder?) oder geht gewöhnlich denen aus dem Weg, die er nicht leiden mag. Er ist freundlich zu Menschen, er liebt und vertraut seinen Leuten, ist vollkommen verhaltensunauffällig, ja, fast scheint er mir manchmal irgendwie einfach nur dankbar dafür zu sein, dass er es so gut angetroffen hat. Mein Kumpel ist körperlich topfit, geistig ausgelastet und ist tatsächlich einer der ganz wenigen Hunde, die ich kenne, bei denen eine Hundeschule rausgeschmissenes Geld wäre.

Was ich nicht genau weiß, ist, wie man auf die Idee kommen kann, dass E. sich "unmöglich" benommen hätte. Wie kann sich ein Hund überhaupt "unmöglich" benehmen? "Unmögliches" Benehmen ist eine Attitüde des Menschen.
E. hat sich wie ein Hund benommen. Was möglicherweise daran liegen könnte, dass er ein Hund ist. Wir wollen mal nicht vergessen, dass wir Hunde im Laufe der Domestikation von den Menschen (!) in der Regel alle für irgendeine Form des Jagens gezüchtet wurden. Woher sollen wir nun wissen, dass das Zeigen von Jagdverhalten in einer Arztpraxis nicht gesellschaftsfähig ist?
Wäre bekannt gewesen, dass E. gerne in Arztpraxen Meerschweinchen apportiert, ich bin sicher, sein Fraule hätte ihn gut trainiert, das besser nicht zu tun. Allerdings hat mein Kumpel an diesem Tag zum allerersten Mal in seinem Leben überhaupt ein Meerschweinchen gesehen - und war entzückt! Ein zappelnder Dummy!

Vielleicht hätte sich E.'s Fraule nicht so aufs Geldzählen konzentrieren sollen, sondern auch auf ihren Hund, der bisher an der Stelle noch nie etwas anderes getan hat, als neben ihr zu stehen und geduldig zu warten. Vielleicht hätte das Päärle, dem das Meerschweinchen gehörte, den Schuhkarton besser mit einem Deckel verschlossen und die Tüte nicht auch noch offen auf den Boden einer Tierarztpraxis gestellt - in der ja womöglich nicht ganz ausgeschlossen ist, dass die ein oder andere meerschweincheninteressierte Spezies herumschnüffeln könnte. Vielleicht hätte E.'s Fraule ein Antijagdtraining besuchen sollen, in weiser Voraussicht, dass ihr Hund irgendwann im Leben gewiss mal ein Meerschweinchen in einer Arztpraxis apportieren wird. Vielleicht, vielleicht, vielleicht...

Dumme Dinge geschehen. Shit happens. Und das Meerschweinchen ist echt 'ne arme Sau, keine Frage.
Aber wenn eines sicher ist, dann das: Mein Kumpel ist nicht "unmöglich" oder gar aggressiv. Er hat getan, was ein Hund tun muss, wenn er es nicht besser weiß.
Eine Tierärztin und schon gar Hundetrainerin sollte so etwas wissen. Sie sollte auch wissen, dass Jagdverhalten nicht über Maßregelung in den Griff zu bekommen ist, sondern ein genetisch verankertes Verhalten ist, das nur über ein geduldig aufgebautes Antijagdtraining in kontrollierte Bahnen gelenkt werden kann. Sie sollte auch wissen, dass wenn sie schon maßregelt, dann auch das zu maßregelnde Verhalten gemaßregelt werden muss und nicht das Verhalten danach. Wäre mein Kumpel fürs Ausgeben bestraft worden, würde er zukünftig hoffentlich keine Meerschweinchen mehr ausgeben, sondern gleich runterschlucken.

Und zu guter letzt sollte ein Mensch, der sein Geld mit Kunden verdient auch wissen, wie man mit Kunden umgeht. Sonst wird er nämlich am eigenen Leib erfahren, was es heißt, gemaßregelt zu werden: Wenn die Kunden dann nämlich ausbleiben. So wie E.s Fraule ab sofort. Ja, manchmal haben Maßregelungen tatsächlich sogar lerneffektive Folgen und wirken strafend: Das Verhalten wird nicht mehr oder weniger gezeigt. Da sind sie wieder, die unumstößlichen Gesetze der Lerntheorie... : )

Kommentare

  1. Entweder ist diese Hundeschulinhaberin eine der ignoranten Vertreterinnen dieses Berufes, oder sie ist eine kalte Abzockerin, die in dem geschockten Fraule eine leichte Beute sieht.

    Man kann es auch so sehen: ein Tierarzt, besonders mit Hundeschule, muss wissen, dass er es mit unbedarften Haltern von Hunden, Katzen Meerschweinchen und anderen Tieren zu tun hat. Er muss als Experte wissen, dass nicht jeder Hund gut ausgebildet ist, dass viele Hunde mehr oder weniger starke Verhaltensprobleme haben. Also muss der Tierarzt als Experte Sorge tragen, dass trotz dieser menschlichen Fehler kein Tier in seiner Praxis zu Schaden kommt. Wie? Durch eine entsprechende Raumgestaltung. Durch ein entsprechendes Auge aufs Wartezimmer durch seine Mitarbeiter. Als angeblicher Experte hat hier also in erster Linie der Tierarzt versagt.

    Gute Besserung dem Meerschweinchen.

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  2. Oder sie hätte dem Meerschwein-Kunden eine kleine Transportbox verkauft, denn eine Pappschachtel sollte nur als Notbehelf dienen.
    Vielleicht hätte E.s Fraule statt "Pfui", ein "ooooh, gib es mir ganz vorsichtig" gebrauchen können, dann wären die Rippen des Meerschweins vielleicht noch heil (oder ist es sicher, dass sie nicht durch den Sturz sondern durch die Zähne geschädigt wurden?? dann hätte er aber schon sehr festgehalten ...)
    Eine Verkettung unglücklicher Umstände, aus denen alle drei Parteien was lernen könnten ....

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  3. Wiedereinmal soll ein Hund mehr Verstand haben als die Menschen, die ringsherum sitzen und dem Treiben teilnahmslos zusehen ... statt vielleicht mal die Halterin darauf aufmerksam zu machen, daß der Hund sich für das Meerschweinchen interessiert, oder die Meerschwein-Halter darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich mal um die Sicherheit ihres Tieres zu kümmern haben... Nein, alles klar: Der Hund hätte das WISSEN müssen!

    Dabei sprechen wir Menschen doch gemeinhin Hunden (und anderen Tieren) einen Verstand ab! Aber genau in SOLCHEN Momenten, sollen sie bitte ihren Verstand nutzen ... damit der Mensch seinen nicht zu benutzen braucht. Typisch Mensch....

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  4. Ich mach´s ganz kurz:
    Meerschweinchen außerhalb seines Heimatgeheges -> ordentliche Transportbox.
    Sonst gibt´s da nix weiter zu bemurmeln.

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