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Belohnung für den Menschen - Streicheln : )

Dr. Wollmatingen klärt auf! : )
Jetzt stellen wir uns mal vor, wir sind draußen, irgendwo auf einer Wiese, einem Feldweg, am oder im Wald. Es riecht überall nach frischer Wiese, attraktiven Lausemädchen, testosteronverbreitenden Hundetölen, wohlriechenden Kackhaufen unterschiedlichster Wald- und Wiesenbewohner, es schnuppert nach Rehen, Wildschweinen und Karnickeln - sprich, wir stehen mitten im olfaktorischen Hundeeldorado, das den Corisolspiegel selbst des gestandensten Hundes in Wallung bringt.
Fiffi könnte hier Stunden damit zubringen, die verschiedensten Gerüche zu inhalieren, selektieren, reflektieren und die übelsten mit dem eignen Duft zu übertünchen, ohne sich eine Sekunde zu langweilen.
Trotzdem schafft er es, auf das "Zu miiiiiir" ohne zu zögern zum Menschen zurückzulaufen - eine riesen Leistung! -  es macht "klick!" und voller Vorfreude schaut Fiffi erwartungsfroh seinen wohlwollenden Menschen an, denn er weiß, yeah, jetzt kommt was, was noch besser ist, als die stinkigen Fährten grunzender Wildschweine, zickzackspringender Riesenhasen und lästiger Reviermarkierer!

Und jetzt stellen wir uns mal vor, wir sind Welpe und machen einen Ausflug in die Stadt, weil unsere Menschen am Samstagnachmittag gemütlich bummeln gehen wollen und gleich mal die Gunst der Stunde nutzen, um Welpi ein bisschen auf Stadttauglichkeit zu sozialisieren.
Millionen Geräusche, Autolärm, Kindergebrüll, Hupen, Fahrradfahrer, Kinderwägen, hektische Menschenmassen, riesige Häuser, breite Strassen, an der Leine ziehende Hunde - das ganze Programm stürzt auf Welpi ein - und der ist ziemlich beeindruckt!
Jetzt treffen Welpis Menschen zufällig Bekannte oder Freunde, die im Angesicht des kleinen Wollknäuels verständlicherweise ganz aus dem Häuschen geraten. Vor Verzückung wissen sie gar nicht, wohin mit sich und ihren Gefühlen, und für sehr nette Menschen, die nun wirklich kein Herz aus Stein haben und voll auf das Kindchenschema anspringen, ist es völlig ausgeschlossen, dem Drang der Haptik zu widerstehen.

In beiden Fällen beobachten wir nun nahezu das Gleiche:
In bester Absicht, und weil es mit der körperlichen Elastizität auch nicht mehr so bestellt ist wie früher, beugen sich die Menschen überschwenglich über Fiffi und Welpi und fangen vorwarnungsfrei und wie wild an, sie durchzukraulen und zu wuscheln. Fest davon überzeugt, Gutes zu tun, unterstützen sie ihren wohlgemeinten Sympathieausbruch mit verzückten "achs" und "ochs".

Haach ja...
Also, mir als Hund fällt da immer gleich die alte Großtante ein, die mit knochiger Hand ungefragt, und die entsetzten Blicke der paralysierten Mutter ignorierend, in den Kinderwagen grapscht und dem dickbackigen Baby entzückt in dieselben zwickt und dabei "heititeititei" und "dududududuuu" schnorchelt. Und die die aufgerissenen Augen und den hochrot anlaufenden Kopf des Kindes gerührt als Ausdruck des Wohlbefindens oder in die Hosekackens interpretiert.

Uns Hunden geht's da ganz ähnlich wie dem Dickbackenbaby: Es ist uns einfach nicht möglich zu erklären, dass wir das Angefasstwerden als totale Scheisse empfinden. Dabei ziehen wir alle Register des freundlich, aber bestimmten "Nein"-Sagens: Unsere Körperhaltung wird steifer oder geduckter, wir schauen zur Seite, unsere Augen drehen sich nach hinten, bis das Weiße zu erkennen ist, wir versuchen, den Händen zu entflutschen - aber sie sehen es nicht! Ein Jammer!

Der Mensch geht so auf in seiner Absicht, nett zu uns sein zu wollen (und natürlich auch ein ganz klein wenig seines Oxytocinspiegels wegen), dass ihm gar nicht in den Sinn käme, dass seine blöde Streichelei in bestimmten Situationen genau das Gegenteil dessen bewirkt, was in ruhiger, reizarmer Umgebung durchaus ein Zugewinn oder echte Entspannung sein mag.

In Fall 1 lässt es Fiffi vielleicht über sich ergehen, weil er als erwachsener Hund schon weiß, dass das Elend bald vorüber ist. Aber eine Belohnung interpetiert er dennoch als etwas anderes! So wird er sich beim nächsten Mal vielleicht überlegen, ob die Karnickelköttel nicht doch Belohnung genug sind.  

Im Fall 2 lernt Welpi nicht nur, dass Stadtbummel echt sowas von überhaupt gar keinen Spaß machen, sondern dass man sich Menschen offensichtlich nicht vom Hals halten kann, indem man nur freundlich "bitte" sagt. Nächstes Mal wird er einfach mal etwas anderes ausprobieren, schliessich ist sein Repertoire gross.

Ja, selbstredend gibt es auch die Hunde, die Streicheln in allen Lebenslagen belohnend empfinden. Aber glaubt mir, wenn ich mir die Kumpels so ansehe, das ist keinesfalls die Mehrheit!

Mein Tipp:
Lasst den Hund entscheiden und ihn kommen - und übt euch selber in Impulskontrolle! : )

Kommentare

  1. Sehr gut, endlich sagt das mal jemand..... wir Briards entsprechen ja auch dem Teddybärchenschema, weil wir zwar niedlich aussehen, vor allem, wenn Frauchen sich kreativ an meiner Gesichtsbehaarung auslässt, aber wir durchaus einen eigenen Kopf haben und als erwachsene Rüden es einfach nur bäh finden, wenn uns jeder versucht anzutatschen.... der kommende Weihnachtsmarkt ist mir schon wieder ein Greul. Völlig unverständlich zeigen sich dann erwachsene Menschen, wenn Frauchen sehr bestimmt sagt, dass sie nicht möchte, dass ich gestreichelt werde (weil mich kurz zuvor schon einige dutzend Menschen begrabscht hatten...) und meckern dann auch noch rum. Zum Glück habe ich ein sehr durchsetzungsstarkes Frauchen, dem mein Wohl wichtiger ist, als das Gequake der betrunkenen Glühweinschlürfer.....
    In diesem Sinne, Schlabberbussi, dein Phoebi

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    1. liebe phoebi, ich bin entsetzt - du bist ein kerl???

      deine abneigung gegen weihnachtsmärkte verstehe ich voll und ganz!
      vor lauter beinen sieht man ja gar nicht mehr den himmel! und die meisten hunde, die man da im gedränge sieht, sind komplett gestresst und wünschen sich sonst wohin! da sich deren menschen aber mind. 1m da drüber tummeln, kriegen sie's leider nicht mit.

      glücklicherweise muss ich mir das nicht geben. vielleicht kannst du ja auch einfach zu hause bleiben? : )

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