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Trost oder nicht Trost - das ist hier nicht die Frage! : )

Ich habe ja nix gegen Leute, die fragen, ob sie ihren Hund Silvester bei Angst ignorieren sollten. Im Gegenteil: Die fragen nämlich nicht, weil sie selber auf solche bescheuerten Ideen kommen würden, sondern deshalb, weil ihnen ein solcher Verrat am eigenen Hund vom Superspezialisten empfohlen wird, ihnen damit eigentlich aber total unwohl ist. Gut, dass die sich noch von ihrem Bauchgefühl lenken lassen, und nicht von irgendeiner Vollwurscht, auf der vielleicht "Experte" drauf steht, aber nur heiße Luft drin ist.

Also ganz kurz: Ein Trainer oder "Hundeexperte" oder auch Tierarzt, der einem besorgten Hundehalter rät, seinen Hund bei Angst zu ignorieren und ihn bloss nicht zu trösten, weil es dem Hund sonst bestätigen würde, dass seine Angst berechtigt sei oder irgend ein ähnlicher Blödsinn, der ist vergleichbar mit dem Gebärdensprachler, der bei der Nelson-Mandela-Trauerfeier vor ein paar Tagen aufgrund schizophrener Anfälle nur Nonsens übersetzt hat und alle Gehörlosen dieser Welt verwirrte. Nur, dass dieser arme Kerl vor lauter Scham sein Haus nicht mehr verlassen kann, während unser "Hundeexperte" zwar vielleicht auch schizophren ist und deshalb keinen Schimmer vom Thema Angst hat, ihrer Entstehung im Gehirn, was sie dort treibt und was mit ihr passiert, wenn man sie ignoriert oder im Gegenteil, dem Hund Trost anbietet, aber trotzdem noch gute Chancen hat, eine eigene Fernsehsendung zu ergattern.

Also, liebe Hundeliebenden! Hört nicht auf die Stimmen! Ihr DÜRFT eure Hunde trösten, wenn sie zu euch kommen und euren Schutz suchen! Ihr SOLLTET sogar! BITTE! Schickt sie nicht weg, ignoriert sie nicht, traut eurem Gefühl und Herzen. Und das nicht nur zu Silvester...

Körperkontakt und Nähe - ohne ihn körpersprachlich aus Versehen zu bedrohen! - helfen dem ängstlichen Hund besser durch die Situation zu kommen, als ihn in seinem Elend allein zu lassen.

TROST VERSTÄRKT ANGST NICHT!!!

Es sei denn, ihr stellt euch dabei dubbelig an: Über den Hund beugen, ihn anstarren, selber Schiss haben, ein ängstliches Gesicht machen und solche Scherze - ihr wisst, was ich meine...

Die Angst wird durch Trösten vielleicht nicht besser werden oder gar verschwinden, aber sie wird erträglicher. Keinesfalls aber schlimmer! Das wäre verhaltensbiologisch betrachtet nämlich ziemlich unlogisch, dann wäre Trost, den man in der Biologie auch "Social Support" nennt und den es unter vielen Tieren, die in sozialen Gruppen leben, und bekanntermassen ja auch unter Menschen gibt - oder habt ihr geglaubt, ihr Menschen habt darauf den Alleinvertretungsanspruch? - evolutionstechnisch lange ausgestorben.
Nein, Trösten hat eine wichtige Funktion: Sie hilft Individuen die Angst in den Griff zu bekommen: Durch Trösten sinkt der Blutdruck, die Herzfrequenz wird langsamer und der Hormonspiegel des Stresshormons Kortisol geht nach unten. Der Körper kann beginnen, sich zu entspannen, der Angst wird ihr Nährboden entzogen.

Ignoriert ihr hingegen euren Hund und seine Angst und Panik, wird er einer Situation ausgesetzt, für die er selber keine Lösung finden kann, denn egal, was er versuchen wird, er kann dem Angstauslöser nicht entfliehen. Diese Auswegslosigkeit plus sein unzuverlässiger Mensch, der ihm die "soziale Unterstützung" zur Bewältigung dieser irrationalen Emotion verweigert, kann dazu führen, dass alles nur noch viel schlimmer wird: Demnächst reicht ein Schuss, ein Knall, eine Tür fällt zu, irgendein Geräusch mitten im Jahr, das ähnlich ist, oder sogar Geräusche, die nicht mal mehr so ähnlich und auch viel leiser sein können und vorher nie Angst ausgelöst haben - und zack! plötzlich reagiert der Hund auch hierauf.
Es kann passieren, dass er mit jedem Jahr immer früher und früher nervös und ängstlich wird, weil er immer mehr Reize, die regelmässig vor Silvester auftreten (wie Festvorbereitungen, Böller, die im Haus lagern (und riechen), Übernachtungsgäste, das Fonduegerät, das einmal im Jahr rausgekramt wird, oder sogar die Weihnachtstage mit allem Drumherum, die nunmal regelmässig Silvester ankündigen), mit diesem angstauslösenden Ereignis verknüpft.
Wollt ihr das?

Würdet ihr eure Kinder bei Angst und Panik auch ins Zimmer sperren und feiern gehen? Na klar, oder? Denen kann man ja schließlich noch ganz rational erklären, dass kein Grund zur Angst besteht. Was? Nicht? Ihr würdet sie in den Arm nehmen und trösten, weil sie sich dann besser fühlen???
Interessant...

Sucht euch 'nen neuen Hundetrainer. Dringend! : )


Mehr Infos zum Thema gibt's hier auf Nicole Dumkes Blog.

Oder hier ein ausführlicher Artikel von Heike Benzing mit vielen Infos und Tipps zum Thema Silvester-Prophylaxe auf der Seite von Easy Dogs.

Kommentare

  1. Willi das ist ein toller Artikel und ich freue mich das ich meinen kleinen Gismo an Silvester zur Beruhigung streicheln und Knuddeln/trösten darf. Er ist da ganz deiner Meinung und vielleicht bekommt er zur extra Beruhigung auch ein leckeres Würstchen.

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  2. Unser kleiner Strudel (Straßenhund/Pudel) überlebte seinen zweiten Silvesterabend ziemlich gut: wir versuchten, ihn von den Böllern mit Leckerlis abzulenken, was aber langsam gut klappte. Sobald es krachte, warfen wir ein Leckerli neben ihm.

    Ach, ja, heute sendet das ZDF die estes von ZEHN neuen Folgen der Hundeflüsterin.
    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2060948/Die-Hundefluesterin#/suche/hundefl%C3%BCsterin

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