Ute, mit der Hand durch die Wand : ) |
Eine Woche Oberammergau, die grauen Zellen in Schwung bringen. Von wegen Urlaub! Statt nämlich 'ne schöne ruhige Kugel zu schieben, wie versehentlich angenommen, war ich mit Fraule auf dem Seminar "Training ist Aufmerksamkeit plus Kommunikation plus Motivation" bei Dr. Ute Blaschke-Berthold (ICH darf Ute sagen, dass ihr's wisst... ; ).
Wer sie noch nicht kennt, Ute ist die deutsche Mutter der Wattebauschfraktion und Begründerin des CumCane-Netzwerks, ihr erinnert euch, Supergerdi kommt auch daher...
Ute ist eine begnadete Didaktin, die mit unendlicher Ruhe und trockenem Humor den drögesten Stoff selbst ins schwerfälligste Menschenhirn einpflanzen und gedeihen lassen kann. Bei ihr ist Neurobiologie so spannend wie ein Kölner Tatort und so unvergesslich wie ein rosa Elefant mit zwei Rüsseln.
Also schön. Den Ranzen faul in den Schnee legen war also nicht... Stattdessen: Gripskasten anstrengen. Zwei Einheiten pro Tag, entweder Theorie (da hatte ich dann endlich mal Pause und konnte dem gepflegten Killerrüdenschlaf frönen. Ansonsten jeden Tag um 7 Uhr aufstehen, gruuumpf!), oder praktische Übungen. Bei denen musste ich dann auch antanzen.
Impulskontrolle bei der Beobachtung des verführerischen Dotties im Besitz eines glücklichen anderen Hundes : ) |
Impulskontrolle erlernt sich situativ. Theoretisch wär' das Sitzen vor dem Napf ja nicht mal so schlimm, wenn, ja wenn Impulskontrolle nicht ein paar kleine fiese Nebenwirkungen hätte, die auch für den Menschen nicht ganz uninteressant sind:
Zum einen benötigt Impulskontrolle enorm viel Glucose und entzieht diese dem Hirn (das sich fast ausschließlich von dem Zeug ernährt!), was somit extrem anstrengend und ermüdend ist. Jemand, der seinen Hund 10 Minuten im Platz warten lässt, weiß gar nicht, was er ihm da abfordert. (Über den Sinn einer solchen Übung lässt sich natürlich sowieso streiten, sag ich mal...)
Was aber noch interessanter ist, ist, dass Impulskontrolle das Gedächtnis, die Konzentration und die Ausdauer schwächt, während die Aggressivität stärker wird!
Ein Hund übt in seinem normalen Alltag an ziemlich vielen Stellen seine unterschiedlich ausfallende Fähigkeit zur Impulskontrolle aus. Weniger impulsive Hunde sind darin sehr viel besser als die impulsiven.
Beim Beobachten und Belauern von allen möglichen Reizen und in allen möglichen Situationen zum Beispiel, in denen er seine Impulsivität zurücknehmen muss. Allein diese Alltagssituationen sind für den Hund enorm anstrengend!
Der Mensch sollte also zusätzliche Impulskontrolle nur dort abverlangen, wo es wirklich Sinn macht. Die Devise lautet: So wenig wie möglich, so viel wie nötig!
Zusätzlich kann man durch die Zuführung von stärkehaltigem Futter für einen ausgeglicheneren Glucosehaushalt sorgen, denn Kohlehydrate setzen Glucose frei.
Langsam verdauliche Kohlehydrate wie Kartoffeln, Reis, Haferflocken, Amarant etc., setzen Glucose langsam frei und erzielen über einen längeren Zeitraum eine bessere Frustrationstoleranz.
Schnell verdauliche Kohlehydrate - gut geeignet fürs Training, weil sie die Glucose schnell freisetzen - wie zum Beispiel Bananenchips oder Traubenzucker (!), bewirken nur kurzfristig eine bessere Frustrationstoleranz.
Der Umsatz an Bananenchips im ortsansässigen Supermarkt stieg nach dieser Stunde übrigens um ein Vielfaches an... : )
Klugerweise sollte man Übungen zur Impulskontrolle eher am Ende einer Stunde einbauen und nicht vor einer neuen Übung, da die Konzentrationsfähigkeit, wie wir ja gerade gehört haben, nach der Impulskontrolle rapide abfällt. Und die Übungen sollten zudem immer nur kurz sein!
ICH persönlich bin natürlich höchst entzückt über diesen Input. Seitdem darf ich nämlich sofort an meinen Napf und muss nicht mehr deppert daneben warten und weiß jetzt außerdem, wie Bananenchips schmecken : )
Der Killerrüde fix und alle : ) |
Klar habe ich in OAG auch eine Menge neuer Kumpels kennengelernt und konnte meinen Stall mit Groupies entsprechend erweitern. U. a. mit der beinahe einzigen frechen Aussiegöre, die NICHT bei einem der 700 Agility-Seminare teilgenommen hat, die parallel im Hotel stattfanden, sondern die uns bewiesen hat, dass selbst ein einjähriger durchaus temperamentvoller Aussie ganz agilityfrei ausgelastet, ausgeglichen und easy sein kann.
Zeit zum Rumrennen und Toben hatten wir natürlich auch. Die Felder entlang der Ammer bieten endlose Weiten für jede Menge Action!
Willi überprüft Aussie Malous Antrag auf Aufnahme in den Groupiestall |
Aber mal ehrlich, ich glaube, das überlebe ich. Wer will schon befreundet sein mit einer Horde ehrgeiziger "Hundesportler", die ihren Hund hauptsächlich als Sportgerät betrachten und ihr Sportgerät fast ohne Unterlass anschreien? Die nicht mal davor zurückschrecken, selbst kleine Welpen an der Leine - am Halsband selbstredend - quasi aufzuhängen? Die ständig hysterisch brüllen und zischen "Lass das!", "Hör auf damit!", "Pfui!", "Ssssssssssss!" "Hör ich da etwa einen Collie kläffen? Hör ich da etwa einen Collie kläffen?" Die ihrer gefährlich dominanten Welpenbrut die Schnauzen zudrücken und sie auf den Boden drücken?
Nee, ehrlich, aber da ist mir durchaus die Kakophonie aus Klickergeräuschen, Markerworten, überschwenglichem Lob, auf dem Boden rollender Leckerlis und quietschender Spielis in einer ansonsten bemerkenswert ruhigen und entspannten Athmosphäre um Universen lieber.
Dort ist mir übrigens zum ersten Mal aufgefallen, wie häßlich Menschen aussehen, die zornesrot Schreien, Zischen, Zerren und Schimpfen. Grumpf...
Ja, die Woche war wirklich lehrreich und spannend. Ute hat uns auf ihre unnachahmliche geniale Art gefordert und gefördert, wir haben neue echt nette Leute kennengelernt - u. a. aus dem Land der Schluchtenscheißer mit einem ausgeprägten Faible für stundenlanges Warten neben Fuchsbauten, in denen ihre niedlichen Fellkinderchen gerade eine ausgelassene Party mit dem Hausherrn feiern - und alte wiedergetroffen. Fraule hat an ihrem schwitzerdütsch gefeilt - in Anbetracht einer zahlenmässigen Überlegenheit an Eidgenossen in unserem illustren Grüppchen - und weiß daher jetzt definitiv, was "imfall" heißt. Wir haben gelernt, dass es Terrorterriers gibt, die einen Igel töten können und es dabei schaffen, den Igeldarm elegant um die Schleppleine zu wickeln, und speziell ich habe gelernt, dass es beim Rückruf ein alternatives Ankersignal gibt, für den Fall, dass ich mich nach kurzem Zögern doch entscheide, die Richtung zu Wechseln, um erstmal das Dottie vom Kumpel abzustauben (sicher ist sicher!), und erst dann schnurstracks zu Fraule zu sprinten: Zack... zack... zack.......... du Sack...!
Schö isch gsi, und deshalb sind wir im Dezember wieder mit dabei in OAG. Imfall! : )
Oh je, diese Sportgerätebesitzer hätten Frauchen die Stimmung gründlich verhagelt.
AntwortenLöschenTreffend geschrieben, Willi. Dafür verdienst du ein Dottie.
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